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  Am nächsten Tag in der Schule schwirrte mir ständig dieser „Regenwurm“ im Kopf herum.

Was war an der Geschichte wohl dran? Hatten Opa und ich nur geträumt?  War das wirklich ein Regenwurm?

Oh Mann, oh Mann , ich war ganz wirr im Kopf.

Es kam die Pause. Im Hof bildeten sich, wie immer, kleine Gruppen.

 

Eine Gang war ganz besonders verschrien. Rabiat und roh gingen sie gegen jeden vor, der nicht schnell genug flüchten konnte. Hier galt es immer, sich zu „ducken“ und „unsichtbar“ vorbei zu schleichen.

 

Ihr Anführer war wirklich ein Muskelpaket mit dem Spitznamen „Herku“, abgeleitet von Herkules. Der räumt jeden aus dem Weg!

Groß und furchteinflößend  „walzt“ er über den Pausenhof.

Seine Anhängerschar immer dabei. Er ist sich seiner Machtstellung absolut bewusst und nutzt es aus für seine Spielchen.

Ach Mensch, jetzt hat er die arme, zierliche Susi „in der Mangel“.

 

Ihr Pferdeschwanz weht hin und her, während er sie herumschubst.

Nur so zum Spaß!

Na, Hauptsache er und seine Anhängerschar von ca. 10 Schülerinnen und Schüler grölen ihre Kommentare und lachen sich kaputt dabei! Ekelhaft!

Die völlig verzweifelte Susi weint und schaut sich hilfesuchend um.

 

 

Natürlich traut keiner sich einzugreifen. Ich bin auch nicht lebensmüde!

8 Tage schulfrei? Nicht schlecht, aber bestimmt nicht im Krankenhaus!

 

Herku haut einmal zu und ich bin platt.

 

Plötzlich und unerwartet fiepst über mir die Stimme von gestern: „Tu endlich etwas, der soll sofort aufhören!“

Erschrocken fuhr ich zusammen. „Ja, aber gegen den Herku…..?“ stottere ich, mir ist ganz schummrig zumute. „Hör auf zu jammern! Ich bin doch jetzt dein Freund und helfe Dir!“ energisch klangen die Worte von „oben“. Am ganzen Körper zitternd sage ich: „Hey Herku, du Muskelprotz, lass` endlich Susi in Ruhe! Schäm Dich Mädchen so zu quälen.“ Tief in mir drinnen erschrak ich ganz furchtbar.

Hallo, das war doch nicht ich gewesen? Ich hatte mich doch nicht wirklich mit Herku angelegt?!

Urplötzlich ist es auf dem Pausenhof mucks, Mäuschen still! Ups.., demnach muss ich das wohl gesagt haben. David gegen Goliath, na herzlichen Glückwunsch.

Jetzt sind alle Augen bei mir und Herku! Totenstille herrscht auf dem Schulhof und mein Herz steht still.

 

Konnte ich jetzt noch abhauen?

Ängstlich sah ich mich vergeblich nach einem Fluchtweg um

– zu spät!

Herku ließ vor Überraschung Susi los und sieht mich blöde und ungläubig an.

 

Plötzlich überblickt er die Situation und sein grinsen wird breiter und breiter.

Sekundenschnell baut er sich mit einem überheblichen Lächeln vor mir auf und starrt mich an.

Jetzt galt es! Meine paar Kilos Leichtgewicht gegen diesen Muskelprotz!

Blitzschnell schalte ich um und nehme krampfhaft Haltung an.

Wenn schon Untergang, dann wenigstens in Würde egal wie knüppeldick es kommt.

Siegessicher dreht sich Herku zu seiner Gruppe um und kündigt an: „Heute gibt es als Nachspeise Schülerbrei, den Kleinen mach´ ich platt!“ Bestätigt durch das Gegröle seiner Gruppe kam er langsam auf mich zu! Man sieht förmlich, wie er jeden Schritt genießt! Tja, dann wird es jetzt wohl ernst!

Tiefe Verzweiflung beherrschte mich, doch plötzlich kam aus dem Nichts mein Retter. Vor lauter Angst habe ich ihn völlig vergessen. “Gehe ihm entgegen.“ flüstert mir die Piepsstimme ins Ohr. „Was? Ich bin doch nicht lebensmüde!“ Unbeeindruckt von meiner Aussage sprach er einfach weiter: „Wenn er mit dem rechten Arm ausholt und mit der Faust zuschlägt strecke ihm einfach deine geöffnete linke Hand entgegen und umfasse sein Handgelenk!“ „Klar, ganz einfach. Na, der hat ja Nerven!“ „Du hast keine Wahl, mache es einfach!“

Der hat gut reden, ich stehe ja an der Front! Das muß ja schief gehen! Diese Killerfaust von Herku gegen meine kleine Hand! Urplötzlich war Herku vor mir, lange zögern half jetzt nicht mehr, nur noch eine blitzschnelle Reaktion.

Mittlerweile wusste der „letzte“ Schüler Bescheid und stand mit den anderen wie angewurzelt auf dem Pausenhof. So eine Attraktion ließ sich keiner entgehen! Die meisten starren mich völlig erschreckt an – Mut machen geht anders! Was würde von mir noch übrig bleiben? Laufen schon Wetten?

Trotz der vielen Zuschauer war es totenstill auf dem Pausenhof.

 

Wau, was für ein Kerl, von Nahem trotze er noch mehr vor Masse und Kraft.

Lange fackeln war nicht sein Ding, er holte aus und schlug zu!

Die Stille auf dem Schulhof wird jäh von dem Aufschrei der Menge unterbrochen.

Da erinnerte ich mich an die piepsende Stimme und streckte ihm geistesgegenwärtig meine linke Hand entgegen. Ich hörte schon meine Knochen krachen! Aber nichts dergleichen geschieht. Statt dessen merkte ich einen sanften Druck in meiner Hand! Spielend leicht drücke ich den Arm von Herku zurück.

Die Fieps-Stimme ständig als Souffleuse im Ohr:  „Stoße ihn einfach zurück, schnell mit beiden Armen. Immer weiter bis er hinfällt und sag ihm dann ordentlich Bescheid, er hat diese Demütigung verdient!“

Der ganze Schulhof tobt! Der große, bärenstarke Herku liegt fassungslos am Boden, umgehauen von einem kleinen normalen Schüler! Herku will aufstehen, ich hindere ihn, lediglich mit dem Zeigefinger, daran! Keine Chance für ihn hoch zu kommen! Völlig entgeistert sieht er mich an!

Jetzt war ich an der Reihe: „So mein Freund, lasse in Zukunft die Finger von den Schwachen. Für heute soll‘s genug sein! Nächstes Mal setzt es mindestens ein blaues Auge! Schleich dich zu deiner Gruppe und verhaltet Euch in Zukunft ordentlich auf dem Schulhof!

Ich behalte Euch im Auge!“      

 

Ich tröste noch Susi, die mich über beide Backen hinaus anstrahlt.

Von dem umstehenden Schülern bekomme ich noch ein paar schöne Worte wie „toll gemacht“, „Respekt“, „das war cool“, usw. über die ich mich freue. Entspannt und voller Selbstbewusstsein gehe ich mit meinen Freunden Fußball spielen.

Natürlich wusste ich wem ich das alles zu verdanken hatte und bedanke mich bei meinem neuen Freund für diese tolle Hilfe. Der meint, dass er heute „den Schutzschild“ gerufen hatte. Dieser hatte sich zwischen meiner Hand, sowie dem Handgelenk und der Brust von Herku aufgebaut. Durch diese unsichtbare Hilfe konnte ich ohne großen Aufwand den Schwung des Schlages abfangen und gegen jede Kraft von außen drücken!

Abschließend sprach er noch ein paar Worte zu mir: “Matti, merke Dir, wenn Du mich auch nicht siehst, ich bin immer bei Dir! Ich stehe Dir wenn nötig zur Seite!  Denke in Not daran, Du bist nie alleine. Dieser Schutz gilt auch für Deinen Opa. Naja, gerade noch so. Der hat so einige Macken, an die ich mich erst noch gewöhnen muss!“